Landwirte – Facettenreiche Branche mit facettenreichem Vorsorgebedarf
Kaum eine Branche ist so facettenreich, wie die Landwirtschaft. Getreide, Obst, Gemüse, Fleisch, Milch, Honig, Fisch, Holz,… – all das bescheren uns die verschiedenen Bereiche der Landwirtschaft. Doch kaum ein landwirtschaftlicher Betrieb beschränkt sich inzwischen nur auf seine Kerntätigkeit. Urlaub auf dem Bauernhof, Vertrieb eigener Erzeugnisse im Hofladen, Erzeugung von Energie durch Solar- oder Biomasseanlagen, Holzhandel,… – auch hier sind die Möglichkeiten vielfältig, das Einkommen durch Nebentätigkeiten zu ergänzen.
Bedingt durch die Entwicklungen der vergangenen Jahre, driften in der Landwirtschaft Ist- und Sollsituation beim Versicherungsschutz dramatisch auseinander. Nicht selten sind Höfe bereits in der zweiten Generation oder länger beim selben Versicherer unter Vertrag. Das alleine wäre noch kein Beinbruch, wenn der Schutz über die Jahre regelmäßig aktualisiert worden wäre. Genau das wurde aber oft nicht getan. Das Ergebnis sind Deckungslücken, die heftige finanzielle Folgen nach sich ziehen können.
Auf dieser Seite möchten wir gerne die wichtigsten Versicherungen ansprechen und auf Punkte hinweisen, die besondere Beachtung verdienen.
Betriebliche Risiken
Landwirtschaftliche Haftpflichtversicherung
Die landwirtschaftliche Haftpflichtversicherung ist die wichtigste aller landwirtschaftlichen Versicherungen. Sie ist eine unbedingte Notwendigkeit für jeden Landwirt. Die Haftpflichtversicherung kommt für Schäden auf, die durch Sie oder einen Ihrer Mitarbeiter einem Dritten gegenüber verursacht werden. Darüber hinaus prüft sie, ob die an Sie gestellten Schadenersatzansprüche gerechtfertigt sind. Sämtliche Kosten, bis hin zu einem eventuell entstehenden Rechtsstreit, werden dann von der Haftpflichtversicherung getragen.
Neben Schäden, bei denen Sie oder Ihre Mitarbeiter andere durch eine Handlung aktiv (also durch „Ihr Tun“), schädigen, kann z. B. auch eine Vernachlässigung der Verkehrssicherungspflicht zu einem Schaden mit entsprechenden Forderungen führen. Da es keine pauschale Summenbegrenzung für Schadenersatzansprüche gibt, kann bei einem großen Schaden schnell die Existenz auf dem Spiel stehen. Als Einzelunternehmer haften Sie in der Regel auch persönlich mit Ihrem Privatvermögen.
Wie eingangs erwähnt, ist es im landwirtschaftlichen Betrieb inzwischen eher Regel, denn Ausnahme, auch einer Nebentätigkeit nachzugehen. Eine Haftpflichtversicherung leistet grundsätzlich nur für die Tätigkeiten, die bei Antragstellung auch angegeben wurden. Wir empfehlen daher, jede Art von Nebentätigkeit beim Haftpflichtversicherer anzuzeigen.
Da auch bei einer Nebentätigkeit oft der Einsatz von landwirtschaftlichem Gerät im Mittelpunkt steht (z. B. Zugmaschine beim Winterdienst im Auftrag der Kommune), kann ein Schadensfall evtl. nicht in den Bereich der landwirtschaftlichen, sondern den der Kfz-Haftpflichtversicherung fallen. Auch hier müssen Sie einen abweichenden Einsatz Ihres Geräts anzeigen (z. B. auch Teilnahme an Festumzügen, Werkverkehr bei Lohnarbeiten, Sammelaktionen,…).
Die private Haftpflichtabsicherung für Sie und Ihre Familie ist in aller Regel bereits in der landwirtschaftlichen Haftpflicht enthalten – auch für Kinder und Altenteiler.
Umwelthaftpflichtversicherung
Ein klassischer landwirtschaftlicher Betrieb lagert in der Regel eine Fülle verschiedener umweltgefährdender Stoffe: Jauche, Diesel, Pflanzenschutz, Düngemittel,… Als Betreiber von Anlagen zur Lagerung dieser umweltgefährdenden Stoffe tragen Sie die Verantwortung, wenn es durch den Austritt der Stoffe zu einer Umweltschädigung (z. B. Verunreinigung von Gewässern) kommt.
Moderne Tarife der landwirtschaftlichen Haftpflicht beinhalten heute normalerweise bereits eine Umwelt-Basisversicherung, damit auch für diesen Bereich eine Grunddeckung gegeben ist. Diese Basisdeckung ist allerdings auf bestimmte Volumina begrenzt (i. d. R. pro Einzelgebinde und in der Gesamtheit). Reichen diese Summen angesichts der real vorhandenen Verhältnisse nicht aus, muss der Schutz komplett über eine separate Umwelthaftpflichtversicherung versichert werden (nur der Bereich, bei dem die Basisdeckung nicht genügt, z. B. Jauche oder Heizöl, aber auch Anlagen des WHG wie beispielsweise Tankstellen, Pflanzenschutzmittel- und Düngemittellager).
Umweltschadenversicherung
Seit 2007 besteht eine öffentlichrechtliche Verpflichtung von Gewerbetreibenden, Umweltschäden zu vermeiden und aufgetretene Schäden zu sanieren, auch wenn die Schäden „der Allgemeinheit“ entstanden sind und daher öffentlich-rechtliche Schadenersatzforderungen sind. Ein Umweltschaden ist die Schädigung von geschützten Tierarten, geschützten Pflanzen, geschützten Lebensräumen oder Gewässern.
Versichert ist hier – je nach Umfang des Vertrags – die gesetzliche Haftpflicht gem. Umwelthaftungsgesetz bzw. Umweltschadengesetz, die durch Ihren Betrieb oder seine Anlagen verursacht werden. Beide Gesetze sehen eine verschuldensunabhängige Haftung vor – das Umweltschadengesetz sogar für Schäden auf eigenem Grund und Boden. Während bei der landwirtschaftlichen und der Umwelthaftpflichtversicherung immer die Schäden im Mittelpunkt standen, die Sie, Ihre Mitarbeiter bzw. Anlagen Ihres Betriebs konkret zu benennenden Dritten zufügten, deckt die Umweltschadenversicherung genau die oben genannten Gefahren. Das Risiko, für einen Umweltschaden belangt zu werden, sollten Sie nicht zu gering einschätzen. Das Bewusstsein für die Umwelt ist in den letzten Jahren in der Bevölkerung stark gestiegen. In gleichem Maß ist die Hemmschwelle gesunken, Behörden oder eine Umweltschutzorganisation einzuschalten, wenn man glaubt, einen Umweltverstoß entdeckt oder beobachtet zu haben. Die Abwehr unberechtigter Forderungen ist auch bei dieser Form der Haftpflicht Teil Ihres Versicherungsschutzes!
Erweiterte Produkthaftpflicht
Nahezu alle Produkte aus landwirtschaftlichen Betrieben werden von anderen Gewerbetreibenden weiterverarbeitet. Aus Rindern wird Wurst, aus Milch Käse, aus Getreide Mehl usw. Dass Abnehmer der landwirtschaftlichen Erzeugnisse durch Mängel daran geschädigt werden, stellt ein zusätzliches Gefahrenpotential dar. Stellt sich beispielsweise heraus, dass zugelieferte Milch mit Pestiziden verunreinigt ist (z. B. durch Unachtsamkeit bei der Lagerung), muss in der Regel eine komplette Produktionscharge einer Käserei entsorgt werden. Wird der Mangel erst später entdeckt, kommen Rückrufkosten, PR-Maßnahmen, etc. hinzu. Schäden im fünfstelligen Bereich sind hier alles andere als selten. Das Problem besteht nicht nur für Primärerzeugnisse, sondern z. B. auch für Produktionsabfälle, die beispielsweise noch an die Futtermittelindustrie veräußert werden. Die Lösung: Eine erweiterte Produkthaftpflicht. Ein moderner Tarif der landwirtschaftlichen Haftpflicht sollte bereits über eine entsprechende Deckung verfügen, bzw. zumindest die Möglichkeit eines Einschlusses bieten. Dies sollte genauestens geprüft werden.